Montag, 5. Januar 2009

Ein Erlebnis der besonderen Art









Ich hab am Wochenende zwei Burschen aus unserem Haus auf einen Ausflug zu ihren Familien in der Region Moldova eingeladen. Was ich da erlebt habe ist unglaublich.

Wir haben zuerst Sandu zu seiner Schwester und seinem Vater in die Gegend von Barlad gebracht. Seine Schwester wohnt seit einigen Monaten mit ihrem Verlobten zusammen und Sandu wollte seinen Schwager kennen lernen. Sie wohnen in einem kleinen Haus, zwei Zimmer mit Betten, geheizt wird erst am Abend, sonst arbeiten sie eh draußen auf ihrem kleinen Bauernhof. Klo ist eine winzige Hütte mit Loch im Boden – aber Klopapier gibt es!
Ich habe geglaubt, das gibt es nur mehr in Erzählungen, aber bei Gabara zu Hause ist es noch einfacher!

Gabaras Familie wohnt in einem Dorf in der Nähe von Roman. Und dieses Haus ist noch kleiner, das Dach ist eingestürzt, und da wohnen bis zu 8 Erwachsene und zwei bis drei kleine Kinder. Jetzt in den Ferien war das Haus eh schon voll, und dann sind noch wir zwei gekommen. Aber Platz ist in der kleinsten Hütte, und wenn mehr Personen zusammen sind, ist es wärmer. Und alles ist total windschief, alle Wände sind bucklig, es gibt keine Ecken, nur Rundungen, man glaubt, es ist ein Häuschen aus dem Zwergenreich. Und das Dach ist eingestürzt und ist mit Plastiksackerln notdürftig geflickt.

Durch die niedrige schiefe Türe kommt man in ein winziges Vorzimmer. Eine Türe führt von hier in das Zimmer, wo ein Onkel mit Familie (4 Personen, eine davon ein 3-jähriger Bub) auf 2x2 Quadratmetern wohnt (Bett, Fernseher, Stereoanlage, kleiner Kamin mit winzigem Kochplatz – gerade für Kaffee). Die andere Tür geht ins etwas größere Zimmer, ca 4x4, mit drei Betten, einem Kamin mit etwas größerer Kochstelle, ein Regal für das Geschirr, ein Kasten auf dem der Fernseher steht, ein kleiner Hocker und eine leere Kabelrolle als Sitzgelegenheiten. Hier wohnen die Großeltern, noch ein Onkel, ein Neffe, dessen Eltern in Italien sind, fallweise seine Mutter und jetzt in den Ferien war noch ein anderer Bruder mit Frau und kleinem Kind hier.

Der Fernseher läuft den ganzen Tag (wer in der Früh als erster aufsteht, dreht ihn auf, wer als letzter schlafen geht, dreht ab), die Kinder sind den ganzen Tag im Zimmer und spielen auf den Betten oder auf dem kleinen Fleckerl Boden, das in der Mitte des Zimmers frei ist, die Erwachsenen sitzen auf den Betten, plaudern und sehen nebenbei fern.

Zum Schlafen werden einfach die Polster und Decken auf die Betten verteilt und alle legen sich mit dem ganzen Gewand nieder. Es gibt ja auch keine Privaträume, um sich ungestört umziehen zu können. Wer sich waschen will, holt sich einen Becher Wasser vom Kübel und geht hinaus und wascht sich damit im Schnee.

Gekocht wird in einer kleinen Hütte im Garten. Da hängen auch in großen Plastiksäcken alles Gewand und sonstiges, was bei und halt in Kästen ist. Und getrocknetes Fleisch.
Klo ist auch hier ein Plumpsklo hinter dem Haus, aber mit Sitzbank und die Wände sind mit Plastik und Decken zugehängt, damit es nicht so reinzieht… trotzdem ist es im Winter nicht gerade kuschelig hier.

Wasser wird aus dem Brunnen hinter dem Haus geholt. Zum Essen gibt es vor allem Mamaliga (= Polenta) vom eigenen Kukuruz. Und das wird meistens mit den Fingern gegessen. Wir haben kleine Fischstücke und Spiegeleier zur Mamaliga bekommen. Und am Abend gab es eine herrliche Suppe mit viel Gemüse und Hendlhaxen.

Die erste Nacht haben wir im Haus bei der Mutter von Gabara und ihrem Lebensgefährten geschlafen. Da gibt es keinen Strom und der Ofen muss jede Stunde nachgelegt werden, sonst geht er aus. Und dann ist es sehr schnell sehr kalt, weil die Fenster einfach verglast sind.

Ich habe den ganzen Tag mit den Kindern gespielt, mit den Erwachsenen geplaudert (Wie ist es bei euch in Österreich? Wie wird das, wenn der Euro eingeführt wird?...). Das Wetter war herrlich sonnig und eiskalt. Wir waren auch einmal mit den Kindern im Dorf spazieren und Gabara hat mir die Spielplätze seiner Kindheit gezeigt. Jetzt waren die Kinder des Dorfes vor allem rodeln. Die Straßen sind ja alle schneebedeckt. Es wird kaum geräumt. Wir haben zwar die Bürgermeisterin mit dem Schneepflug fahren gesehen, aber da hat sie vor allem die Schneehaufen weggeräumt, der Schnee bleibt auf der Straße liegen. War auch recht spannend, diese steilen Straßen auf Schnee und Eis zu fahren. Bei steilen Wegausfahrten haben ich Antauchhilfe gebraucht, aber sonst habe ich mich ganz gut durch die Gegend geschleudert.

Sonntag Vormittag haben wir uns wieder verabschiedet, von vielen Segenswünschen begleitet und mit der Hoffnung, dass wir wieder kommen. – Vielleicht einmal im Sommer mit Zelt, damit ich mich auch einmal umziehen kann.

Durch eine herrliche Winterlandschaft sind wir wieder zu Sandu zurückgefahren. Dem ist es bei seiner Schwester auch gut gegangen. Wir haben dort im Dorf noch einen richtig guten Landwein in Plastikflaschen gekauft und haben uns dann auf den langen Heimweg gemacht. Rumänien ist ja riesengroß! Und eben sehr vielfältig und voller Überraschungen.

Wir haben uns zu Hause geduscht und umgezogen – aber die Familien dort in Moldova haben diesen Luxus einer Dusche nie! Und sie haben auch keinen Tisch zu dem man sich zum Essen setzen kann um „gesittet“ mit Messer und Gabel zu essen. – Nach diesem Ausflug hat sich für mich nocheinmal Vieles relativiert. Und ich bewundere diese Menschen aus ganzem Herzen, die so einfach leben und doch glücklich mit ihrem Leben sind. Sie hätten halt nur gerne ein dichtes Dach.

Für mich war es ein wunderbares Geschenk, dass ich die Fmilien dieser beiden Burschen besuchen durfte.

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